Dr. A. Ebru Akcasu (Anglo-American University Prague)

Von der Moderne erdrückt: Der Aktivismus osmanischer Frauen vom Reich zur Republik

Fatih Rüşdiyesi’nin kız öğrencileri / Abdullah Frères, photographes de S.M.I. le Sultan. Library of Congress, Prints & Photographs Division, Abdul Hamid II Collection, LC-USZ62-80807.

Ebru Akcasu ist eine Historikerin des modernen Nahen Ostens, die sich auf die Auseinandersetzung osmanischer Frauen mit der Moderne im 19. und 20. Jahrhundert spezialisiert hat. Ein Großteil ihrer derzeitigen Forschung liegt an der Schnittstelle von Gender, Konfession, Identität und Moderne und untersucht die transnationalen Bewegungen von Personen und Ideen. Seit Abschluss ihrer Promotion in Nah- und Mitteloststudien an der SOAS in London 2017 lehrt Ebru Akcasu an der Karls-Universität und der AngloAmerikanischen Universität in Prag.

Die Forschung, die Ebru Akcasu im Rahmen ihres Postdoc-Stipendiums am Orient-Institut Istanbul durchführte, befasste sich mit Aktivismus und öffentlicher Sichtbarkeit von Frauen in der Spätphase der Herrschaft Sultan Abdülhamits II. und in den ersten Jahren der Republik Türkei. Zu diesem Zweck arbeitete sie an einem Projekt, das die gesellschaftspolitischen Gründe und Auswirkungen der historiografischen Vernachlässigung von Aktivistinnen in dieser Übergangsphase untersucht. Die Annäherung ans Thema findet statt durch eine biografische und historiografische Studie über Emine Semiye, die erst seit Kurzem in der Literatur als Schlüsselfigur der spätosmanischen Frauenbewegung auftaucht. Das Projekt von Ebru Akcasu fußt auf den in türkischer Sprache veröffentlichten Arbeiten zu Emine Semiye und bezweckt, ihre Geschichte stärker in die Debatten über zeitgenössische Annahmen und die historische Komplexität der spätosmanischen Frauenbewegung einbinden. Mit dem Ziel, vernachlässigte Stimmen wieder in den Nachhall der osmanischen Vergangenheit zu integrieren, wird dieses
Projekt außerdem darüber nachdenken, wie historiografische Leerstellen mit bestehenden Erzählungen über die Geschlechterrealitäten in dieser Umbruchszeit in Bezug gebracht werden können. Der Artikel, der aus dieser Forschung hervorgehen wird, wird Teil einer Sonderausgabe zur Biographieforschung sein, die sie für die Zeitschrift Archiv Orientální (ArOr) mit herausgibt.

Parallel zu ihrer Arbeit über Emine Semiye arbeitete Ebru Akcasu an der Übersetzung eines Textes über geschlechtsspezifische Pflichten gegenüber dem Heimatland in der zweiten konstitutionellen Ära und an einer Monographie über Migration im späten Osmanischen Reich.

22./23.5.2023 Workshop: Imperial Lives Turned National: Biographical Reflections of the Post-Ottoman Transformation a Century ago. Orient-Institut Istanbul.