Suzanne Compagnon, M.A. M.A. (Marietta Blau Scholarship Awardee, University of Vienna and Sabancı University)

Bekleidete Figuren und deren Darstellung in der osmanischen Buchmalerei

Album Arabe 6077, BnF, Paris (Arbeitsfoto der Autorin mit Erlaubnis der französischen Nationalbibliothek)

Das Dissertationsprojekt konzentriert sich auf zwei Gruppen osmanischer Gemälde aus dem 18. Jahrhundert, die alle ein deutliches Interesse an der Darstellung von Kleidung zeigen. Es handelt sich um Einzelblattbilder, die einerseits Abdülcelil Çelebi Levni (gest. 1732) und andererseits Abdullah Buhari (zw. 1726 und 1745 tätig) zugeschrieben werden. In dieser Arbeit wird anhand der Kodikologie die Geschichte der Einzelblätter und der Alben, die sie einschließen, nachgezeichnet. Die kodikologische Untersuchung des Korpus bildet die Grundlage für die Diskussion der Darstellung in den Levni und Buhari zugeschriebenen Einzelblättern. Die vorherrschende Meinung zu diesen Werken ist, dass sie den Prozess der „Verwestlichung“ widerspiegeln, von dem man annimmt, dass er im Osmanischen Reich im achtzehnten Jahrhundert verstärkt stattfand. Dieser Begriff wird selten genau definiert, aber im Zusammenhang mit diesen Buchmalereien kann er als Interesse an europäischer Kunst und europäischen illusionistischen Techniken verstanden werden. So wird in der Forschung davon ausgegangen, dass die osmanischen Maler in dieser Zeit bewusst „Schattierung“, „Perspektive“ und einen größeren „Realismus“ einführten, die allesamt als „westliche“ künstlerische Merkmale bezeichnet werden. Bei der Betrachtung der Gemälde wird jedoch deutlich, dass diese kunsthistorischen Begriffe auf unterschiedliche künstlerische Phänomene angewendet werden. Zusätzlich zu seiner Unschärfe verleiht der Rahmen der „Verwestlichung“ allen mit Europa verbundenen Dingen ein unverhältnismäßiges Gewicht und lässt die Bedeutung von Darstellungen aus anderen Teilen der islamischen Welt für das Verständnis der Levni und Buhari zugeschriebenen Werke außer Acht. Das Dissertationsprojekt bietet eine umfassende theoretische Diskussion über Darstellung in der osmanischen Buchmalerei sowie die erste kritische Untersuchung von Kleidung als Bildthema in diesem Bereich.