Seda İzmirli Karamanlı (SOAS, University of London, Near and Middle East Department)

Teodosya Sophroniades: Eine osmanische Intellektuelle griechisch- tscherkessischer Abstammung als Fürsprecherin für Frauenrechte im spätosmanischen Istanbul

Titelseite der Zeitschrift Ma’lumat vom 15. 07. 1895. Salt Araştırma.

Das Forschungsprojekt konzentriert sich auf Teodosya Sophroniades, eine produktive Schriftstellerin, Journalistin und Dolmetscherin im Harem des Sultans osmanisch-griechischer und tscherkessischer Abstammung, die bislang in akademischen Kreisen so gut wie unsichtbar ist. Teodosya gilt als eine der bemerkenswertesten Schriftstellerinnen der Ära Abdülhamids und als die erste Frau aus der Levante, die sich dem Journalismus widmete. Ihre Beiträge zur literarischen Landschaft Istanbuls und Paris‘ brachten ihr den osmanischen Wohltätigkeitsorden zweiten Ranges ein, der ihr von Sultan Abdülhamid II. verliehen wurde. Als erste Frau erhielt sie eine Lizenz für die Herausgabe einer Zeitschrift im Osmanischen Reich erhielt, nämlich Ma’rifet (1898), die sie leitete und redigierte, was ihren Pioniergeist auf diesem Gebiet unter Beweis stellt.

Eine Untersuchung der kontextuellen Aspekte von Ma’rifet offenbart eine bemerkenswerte Zweiteilung, da ein Teil der Zeitschrift in osmanischem Türkisch und ein anderer auf Französisch veröffentlicht wurde. Jeder Teil richtete sich dabei an unterschiedliche Zielgruppen und behandelte abweichende Themen. Den französischen Teil, der für ein westliches Publikum bestimmt war, nutzte Teodosya Sophroniades ausschließlich, um ihre unerschütterliche Loyalität und Verehrung gegenüber dem Kalifen/Sultan in einer kunstvoll gestalteten Weise zum Ausdruck zu bringen. Die strategische Selbstdarstellung einer nicht-muslimischen Frau und ihr bewusster Appell an westliche Leser offenbart eine faszinierende Dynamik in der Repräsentation staatlicher Praktiken und in der Imageproduktion als Antwort auf internationale Publikationen, die auf die Auflösung des Osmanischen Reiches abzielten und sich insbesondere gegen Abdülhamid II. richteten.

Im Mittelpunkt der Kurzgeschichten von Teodosya Sophroniades (1894-1898) stehen Frauenthemen und die gesellschaftlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Geschlechtertrennung. Ihren Protagonistinnen, die aus China bis Europa stammen, wird in den Prosatexten das Recht zugestanden, geschlechtsspezifische Trennungen abzulehnen, die traditionelle Bedeutung der Jungfräulichkeit in Frage zu stellen, außereheliche Affären zu haben und ihre Mutterrolle zu missachten. Teodosya Sophroniades wendet dabei sorgfältig ausgearbeitete Schreibstrategien an, die die inneren Konflikte ihrer weiblichen Figuren aufgrund ihrer als legitim dargestellten außerehelichen Leidenschaften wirkungsvoll hervorheben. Die Studie versucht, eine umfassende Analyse ihrer Positionierung innerhalb der literarischen und feministischen Arenen des späten 19. Jahrhunderts zu liefern, indem sie ihre osmanisch-türkischen und französischen Schriften in Ma’rifet und der Zeitung Stamboul in den Vordergrund stellt und mehrere Schlussfolgerungen zulässt, um den Einfluss einer nicht-muslimischen Schriftstellerin innerhalb der osmanischen Frauenbewegung zu verstehen, die oft mit einem Fokus auf die Erfahrungen türkischer Musliminnen betrachtet wird.