Ekaterina Aygün (Ludwig-Maximilians-Universität München, Kunstgeschichte)

Konstantinopel/Istanbul als künstlerisches Zentrum russischsprachiger Emigranten (1919-1927)

Casino Moderne, Konstantinopel 1921. Eine Anzeige aus der Zeitschrift Nashi Dni, die von dem Emigranten Aleksandr Kozmin gegründet wurde (Nashi Dni/Nos Jours 9 [1921]). The Slavonic Library, Prag.

Nach der Revolution von 1917 und dem Ausbruch des russischen Bürgerkriegs waren viele Intellektuelle und Künstler im ehemaligen Russischen Reich gezwungen, das Land zu verlassen. Für diese Flüchtlinge wurde Konstantinopel/Istanbul zusammen mit Städten wie Belgrad, Berlin und Paris zu einem der beliebtesten Ziele im „Westen“. Die Stadt hat dennoch aufgrund ihrer Rolle als Transitpunkt für viele Emigranten nie die gebührende Aufmerksamkeit von Forschern als Künstlerzentrum erhalten. Obwohl man umfangreiche Werke über russischsprachige Emigranten in Konstantinopel/Istanbul zu Beginn des 20. Jahrhunderts finden kann, gibt es keine substanzielle Forschung über die Stadt als Ort der Kreativität für russischsprachige Emigranten in Malerei, Bildhauerei und Fotografie. Wie gingen sie mit den neuen Bedingungen im Exil um? Wie verdienten sie ihren Lebensunterhalt mit ihrer Kunst? Mussten sie ihre Werke an lokale Geschmäcker anpassen? Wer waren ihre Unterstützer und Kunden? Schließlich, welche Beziehungen hatten sie zur Stadt und wie beeinflusste diese Wahrnehmung ihre Kunst?

In ihrem Dissertationsprojekt hinterfragt Ekaterina Aygün die Rolle von Konstantinopel/Istanbul als einem der künstlerischen Zentren russischsprachiger Emigranten in den 1920er Jahren und liefert komplexe Forschungsergebnisse zu russischsprachigen Emigranten-Malern, -Bildhauern und -Fotografen in der Stadt zur damaligen Zeit (1919-1927), indem sie sich mit der Wechselwirkung von Exil und städtischem und künstlerischem Leben und Wirken auseinandersetzt. Ihre Studie stützt sich hauptsächlich auf Periodika (vorrangig Zeitungen und Almanache, die in Russisch, Französisch, Englisch und Osmanisch/Türkisch in Konstantinopel/Istanbul in den 1920er Jahren veröffentlicht wurden), visuelles Material und “Ego-Dokumente”.