Mehdi Mirabian Tabar (Ludwig-Maximilians-Universität München)

Theologisch-politische Hindernisse bei der Errichtung eines modernen Staates im Iran: Eine Studie über die iranische Verfassungsbewegung von 1906

Eröffnung der ersten Nationalversammlung (Majlis) im Hof der Militärakademie Teheran (1906)

Im Iran war das 19. Jahrhundert, das mit der Herrschaft der Qajar-Dynastie zusammenfiel, eine Zeit tiefgreifender Veränderungen in Wirtschaft, Politik und Kultur. Erste Vorstellungen vom Konstitutionalismus verbreiteten sich im Iran bereits im frühen 19. Jahrhundert, als eine Gruppe von Intellektuellen moderne Konzepte und Ideen, wie Rechtsstaatlichkeit, Einschränkungen der Monarchie, Freiheit und Gleichheit in das Land einführten. Das Hauptziel der konstitutionellen Bewegung bestand darin, die absolute Macht des Schahs zu beschneiden, indem sie eine Reihe von Gesetzen nach europäischem Vorbild schuf, d. h. einen auf Rechtsstaatlichkeit basierenden Staat. Dies war aus zwei Gründen nicht leicht zu erreichen: Erstens lehnte der Schah jede Einschränkung seiner absoluten Macht ab, und zweitens hielten die schiitischen Geistlichen die Idee, Gesetze zu erlassen, für einen Widerspruch zum Islam. Was die Situation für die Konstitutionalisten jedoch noch erschwerte, war die Zusammenarbeit zwischen dem Schah und den schiitischen Geistlichen, die ihre Wurzeln in der Safawidenzeit (1501-1736) hatte und während der Qajar-Zeit ihren Höhepunkt erreichte. Mit der allmählichen Ausbreitung des konstitutionellen Denkens im Iran wurde aus dieser Zusammenarbeit eine Koalition, die den Konstitutionalismus ablehnte und das alte Regime befürwortete. In dieser Studie soll diese Koalition als theologisch-politisches Hindernis für die Errichtung eines modernen Staates im Iran untersucht werden: eines Staates, der auf Gesetzen beruht, die von der eigenständigen menschlichen Vernunft in einer von Gottes Gesetz und seinem souveränen Willen geleiteten Gemeinschaft ausgehen.