Ein Wirken zwischen den Welten: der deutsche Exilwissenschaftler und Künstler Traugott Fuchs (1906-97) und sein Nachlass

Verantwortlich: Dr. Richard Wittmann

Der von 1934 bis 1997 in Istanbul lebende Romanist stand in der öffentlichen Wahrnehmung zumeist im Schatten bekannterer deutscher Professoren im türkischen Exil, wie etwa dem Literaturwissenschaftler Ernst Auerbach, dem Romanisten Leo Spitzer, dem Juristen Ernst Eduard Hirsch oder dem Kommunalwissenschaftler und späteren ersten Oberbürgermeister West-Berlins, Ernst Reuter. Während jene jedoch meist nur wenige Jahre an türkischen Universitäten unterrichteten, ehe sie in die USA oder Großbritannien umsiedelten bzw. ins Nachkriegsdeutschland zurückkehrten, war Fuchs einer der wenigen deutschen Wissenschaftsmigranten, die es vorzogen, auf Dauer in der Türkei zu bleiben. Hierdurch kam Traugott Fuchs eine bedeutende Rolle als Mittler zwischen unterschiedlichen Wissenschaftskulturen zu. Durch seine Rolle beim Ausbau gleich mehrerer Lehrstühle an der staatlichen Universität von Istanbul wie auch am amerikanischen Robert College, der späteren Bosporus University, wo er jahrzehntelang unterrichtete, beeinflußte er nachhaltig Generationen von Wissenschaftler:innen in der Türkei. Sein Engagement entfaltete bleibende Wirkung in den Fächern Germanistik und Romanistik, aber auch als aktiver Künstler, der seine Spuren in der zeitgenössischen Kunst in der Türkei hinterließ.

Der Fokus der Befassung mit Traugott Fuchs am Orient-Institut Istanbul bestand bislang in der Bestandsaufnahme und Bewahrung des bedeutenden und an unterschiedlichen Orten verwahrten Nachlasses an Textmaterialien und Bildern zur Ermöglichung der künftigen Erforschung des reichen Quellenbestandes in ideen-, kunst- und wissenschaftsgeschichtlicher Hinsicht.

Projektphasen:

Erste Phase (2018-20): Katalogisierung der Textbestände

Ein Projekt zur Katalogisierung der Textbestände im Archiv der Istanbuler Bosporus University und die Titelaufnahme in das Katalogisierungssystem Kalliope wurde in Zusammenarbeit mit dem Archiv der Bosporus University durchgeführt und finanziell ermöglicht durch Fördermittel aus dem Fonds für Kulturerhalt des Auswärtigen Amtes und seitens des Orient-Instituts betreut durch die damalige Bibliotheksleiterin, Frau Dr. Astrid Menz und ihre Nachfolgerin, Frau Dr. Karin Schweissgut.

Zweite Phase (seit 2021): Sicherung und Erhalt des Gesamtnachlasses in der Türkei

Seit 2021 steht die Sicherung und der Erhalt des gesamten Nachlasses bestehend aus Textarchivalien einschließlich seiner umfangreichen Korrespondenz, Zeichnungen und Gemälden im Vordergrund der Bemühungen des Orient-Instituts. Im Winter 2020/21 war der Gemäldeteil des Nachlasses, der seit Jahrzehnten in einem Privathaus in Istanbul untergebracht war, aufgrund der Baufälligkeit des historischen Holzhauses akut gefährdet. Als Notmaßnahme wurden die Bestände fachgerecht verpackt und in einem Depot untergebracht. Im Herbst 2021 konnte durch eine vertragliche Einigung mit den Erben Traugott Fuchs die Überführung des Archives an das Orient-Institut Istanbul nach Bezug des neuen Institutsgebäudes vereinbart werden. Derzeit werden Fuchs’ mehrere Hundert Zeichnungen digitalisiert und zur Aufnahme in das Katalogisierungsprogramm Kalliope vorbereitet.

Dritte Phase (ab 2023): Zugänglichmachung und Erschließung des Gesamtnachlasses für die Forschung

Mit dem Bezug des neuen Institutsgebäudes zum Jahresbeginn 2023 sollen in einer nächsten Phase das erste Mal seit dem Tode Traugott Fuchs vor 25 Jahren sämtliche Archivbestandteile, auch jene, die sich derzeit noch an der Bosporus University befinden, wieder an einem Ort zusammengeführt werden und am Orient-Institut Istanbul als einzigartiger Archivbestand sicher untergebracht und der Erforschung zur Verfügung gestellt werden.