Dr. Philip Bockholt (Universität Leipzig, Orientalisches Institut, Arabistik und Islamwissenschaft)

Innerislamischer Wissenstransfer im Rahmen arabisch-persisch-osmanischer Übersetzungsprozesse im östlichen Mittelmeerraum zwischen 1400–1750: Fürstenspiegel, Historiografie und Prophetenbiografie

Manuskriptvermerke in einer Handschrift. (c) T.C. Cumhurbaşkanlığı Milli Saraylar İdaresi Başkanlığı, TSMK, Revan Köşkü 1513, Fol. 1a.

Philip Bockholts (zurzeit Gerald D. Feldman-Stipendiat der Max Weber Stiftung) Habilitationsprojekt zu Fürstenspiegeln und historiografischen Werken behandelt anhand von arabisch-persisch-türkischen Übersetzungs- und Adaptionsprozessen den innerislamischen Wissenstransfer im östlichen Mittelmeerraum vom späten 14. bis frühen 18. Jahrhundert. Im Mittelpunkt des Vorhabens steht die soziokulturelle Verortung von Übersetzungsvorgängen – d.h. die Umstände von Auswahl, Imitation und Adaption sowie Transmission und Rezeption von Texten – im Rahmen einer überlieferungsgeschichtlichen Untersuchung auf Basis von Handschriften und Methoden der materiellen Philologie (material philology) sowie aktueller Ansätze der Übersetzungswissenschaft.

Die hierbei angewandte Methodik umfasst neben textuellen, paratextuellen und kodikologisch-visuellen Aspekten des Mediums Handschrift gleichzeitig auch die Person des jeweiligen Übersetzers als eigentlichen Akteur/Multiplikator des Wissenstransfers. Das v.a. in Istanbuler Sammlungen wie der Süleymaniye Kütüphanesi oder dem Topkapı Sarayı sowie der Millî Kütüphanesi in Ankara vorhandene ausgewählte Handschriftenkorpus soll Einblicke in die soziokulturelle Struktur der Gelehrten- und Buchkultur im östlichen Mittelmeerraum ermöglichen und den im Hinblick auf Übersetzungsvorgänge gewöhnlich auf Istanbul fixierten Blick für das 15. Jahrhundert um Beispiele aus dem Mamlukenreich sowie für die Zeit nach 1516/17 aus den arabisch-osmanischen Provinzen und dem osmanisch-iranischen Grenzgebiet erweitern. Dadurch wird es möglich sein, grenzüberschreitende Wechselbeziehungen zwischen Akteuren und Themen verschiedener kultureller Milieus und Wandlungen bei der Übertragung von Normen und Repräsentationen in transregionaler Perspektive zu betrachten.