Daria Kovaleva (Harvard University, Cambridge, Massachusetts)

Mündliches Drama in Istanbul und die Produktion öffentlicher Kultur im „Zweiten Osmanischen Reich“ (1570er-1820er Jahre)

Karagöz Schattenspielfigur, Reproduktion in Felix von Luschan, “Das türkische Schattenspiel,” in Internationales Archiv für Ethnographie 2 (1889): 81

Daria Kovaleva ist Doktorandin in den Fächern Geschichte und Nahoststudien an der Harvard University. In ihrer Dissertation befasst sie sich mit den Darstellern dramatischer Aufführungen und der Produktion von Spektakeln in Istanbul zwischen dem späten 16. und dem frühen 19. Jahrhundert. Die Geschichte der Komödienspieler, Geschichtenerzähler und Schattenpuppenspieler der osmanischen Hauptstadt, ihre sich entwickelnde dramatische Praxis und ihr entstehendes Repertoire dienen als Fenster, um einen Einblick zu gewinnen, wie öffentliche Kultur zu dieser Zeit in den großen städtischen Zentren des östlichen Mittelmeerraums (Kairo, Damaskus, Istanbul) im Vergleich zu Venedig und Neapel produziert wurde. Der zeitliche Rahmen des Projekts ermöglicht es, die aus der Zeit vor dem 19. Jahrhundert erhaltenen dramatischen Texte sowie die Zeugnisse, die ein Licht auf die Darsteller werfen, zu bearbeiten und ihre Untersuchung in die öffentliche Sphäre des frühneuzeitlichen Istanbuls und in den historischen Kontext des „Zweiten Osmanischen Reichs“ (1580–1826), wie er von Baki Tezcan (2010) konzipiert wurde, einzuordnen. Um sich den schwer fassbaren aufführenden Künsten historisch zu nähern, kombiniert das Projekt Methoden der Buchgeschichte und Manuskriptkunde mit Begriffsgeschichte, historischer Semantik und sozioökonomischer Geschichte (Berufs-, Industrie- und Marktstudien). Dieses Forschungsprojekt wird aufzeigen, dass das Osmanische Reich seinen frühneuzeitlichen Zeitgenossen durchaus wesensähnlich war, was die Politik, Ökonomie und Soziologie der Kulturproduktion im Allgemeinen und die Produktion des Schauspiels im Besonderen anbelangt.